morale totale - planungsethik-cluster

© Breser / Archiv

christoph breser

morale totale

Planungsethik in totalitären Gesellschaftssystemen, am Beispiel zweier Planungsprozesse in den nördlichen Grenzregionen des faschistischen Regimes in Italien.

2019 - laufend

Im Dissertationsprojekt werden normative und institutionelle Bedingungen der Architekturproduktion in Italien während des faschistischen Regimes zwischen 1922 und 1943 untersucht. Abseits von bereits bekannten Direktiven werden Vorgehensweisen des Regimes ermittelt, die unbemerkt zu einer nachhaltigen Transformation der Architektur und des öffentlichen Lebens geführt haben und die Baukultur Italiens auch über den politisch-ideologischen Wechsel hinaus noch weiter geprägt haben. Besondere Aufmerksamkeit wird jener angestrebten Konformität von Politik und Experten entgegen gebracht, die durch Erweiterung von Normen und Regulativen sowie auch durch eine institutionelle Clusterbildung der Architekturnetzwerke verfolgt wurde. Der Forschungsfokus geht damit über klassisch architekturgeschichtliche Analysen hinaus und richtet sich auf jenes Spannungsfeld zwischen architektonisch fachlichen und gesellschaftlich politischen Motiven dahinter, innerhalb dessen sich eine moderne Architektur in Italien erst entfalten konnte.

Zum einen wird durch Einbringung deskriptiv planungsethischer Forschungsaspekte eine Erweiterung klassisch architekturhistorischer Perspektiven zur architektonischen Moderne angestrebt; zum anderen sind die Forschungen aber auch ein Beitrag zu einer notwendigerweise dafür neu zu etablierenden Methodologie, die sich gegenwärtigen politisch-ideologischen und wissenschafts-ideologischen Dualismen zu entziehen vermögen. Die sprachlich und kulturell heterogenen Grenzraumregionen Sudtirolo und Trentino stellen dazu ein geeignetes Forschungsfeld dar. Anhand von Untersuchungen zu öffentlichen Großbauprojekten, wie jene zur Um- und Neugestaltung der beiden Bahnhofsareale in Bozen/Bolzano (1927-28) und Trento/Trient (1933-36), sind jene Vorgehensweisen des faschistischen Regimes sowie auch dessen nachhaltig ideologische und strukturelle Verankerungen in der Architektur ideal aufzuzeigen.